Die Zukunft des Gesundheitssystems: Daniel Huber zeigt, welche Entwicklungen uns bevorstehen

Wie wird die Gesundheitsversorgung im nächsten Jahrzehnt aussehen? Welche Rolle spielen Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und personalisierte Prävention dabei? Diese und weitere spannende Fragen beantwortet uns Daniel Huber vom 2b AHEAD ThinkTank, einem der größten Zukunftsforschungsinstitute Europas. Im Interview gibt er Einblicke in die wegweisendsten Entwicklungen, zeigt auf, wie Technologien die Transformation des Gesundheitswesens prägen, und beleuchtet die Herausforderungen, die damit einhergehen könnten.
Du vertrittst den 2b AHEAD ThinkTank mit Hauptsitz in Leizpig in der Schweiz – was können wir uns darunter vorstellen bzw. was macht dieser genau?
Der 2b AHEAD ThinkTank - mit eigenem Ableger in der Schweiz - ist eines der grössten, unabhängigen und wissenschaftlichen Zukunftsforschungsinstitute in Europa. Hier wirkt ein Team von Wissenschaftlern (abgeschlossenes Studium Zukunftsforschung) und Strategieberatern als Potenzialentwicklungsmanager für einen internationalen Kundenkreis.
Für seine Kunden analysiert der ThinkTank in realwissenschaftlichen Auftragsstudien (ausschließlich Delphi-Methode), über Studienreisen in den Technologie Hotspots dieser Welt oder sein gefragtes Annual Summit alle relevanten Treiber, Chancen und Risiken von echten Trendentwicklungen individuell für deren Geschäft. Mit seinem länderübergreifenden Praxis-Netzwerk von visionären Unternehmern, herausragenden Innovations-, Technologie- und Organisationsexperten sowie Meta Marketing Entscheidern berät und begleitet der unabhängige ThinkTank Unternehmen in Strategiefragen oder als Inkubator.
Als unabhängiges Institut analysiert das Institut nicht nur innerhalb einer bestimmten Branche, sondern betrachtet über die Grenzen der Kundenbranche hinaus alle Akteure, die das jeweilige Geschäftsmodell in Zukunft prägen werden. Mit diesen tiefgreifenden Analysen hilft der 2b AHEAD ThinkTank seinen Kunden zu verstehen, wer aus welchen Gründen das Trendumfeld bestimmt.
Was macht er genau?
- Zukunft verstehen (Zukunftsbildentwicklung, Delphi-Studien, Sparring, Referate)
- Strategie entwickeln (Strategie-Workshops, Geschäftsmodelle, Next practice)
- Transformation ermöglichen (Transformation Office, Innovationsmanagement, New Work)
- Zukunft absichern (KI/Co-Piloten, Strategic Early Warning Systems, Future Forces)
- Neues schaffen (Inkubator, Startups, Entwicklung Ökosysteme)
Was ist eine Delphi-Studie und wieso wendet 2b AHEAD insbesondere diese an?
Der Name „Delphi-Methode“ leitet sich von der antiken griechischen Stadt Delphi ab, die für ihr Orakel bekannt war. Wie das Orakel in Delphi, das zukünftige Ereignisse vorhersagte, zielt die Delphi-Methode darauf ab, durch die Meinungen von Expertinnen und Experten fundierte Vorhersagen oder Einschätzungen zu entwickeln und die kollektive Intelligenz bzw. Weisheit einer Gruppe von Fachleuten zu nutzen.
Und wie ist das Vorgehen?
Die strukturierte Technik versammelt ein internationales Expertenpanel aus rund 20 Expertinnen und Experten, die nach Richtlinien der qualitativen Sozialforschung zur Zukunft befragt werden. In einer ersten Befragungsrunde artikulieren sie individuelle Einschätzungen und Hypothesen in leitfadengestützten Tiefeninterviews. In einer zweiten Runde werden ihnen die aggregierten Gesamtergebnisse der ersten Runde präsentiert, welche kommentiert werden können. Dabei werden vor allem besonders polarisierende Aussagen noch einmal im Panel überprüft, um besondere Einzelmeinungen referenzieren zu können.
Vorteile:
- Anonymität fördert ehrliche Meinungen.
- Führt oft zu einem Konsens.
Nachteile:
- Zeitintensiv.
- Abhängigkeit von Expertenauswahl.
Die Methode eignet sich ideal gut für komplexe Fragestellungen, bei denen Expertenwissen entscheidend ist.
Lass uns zum Kern unseres Themas kommen. Wir haben zehn Fragen vorbereitet, um von dir einen Ausblick auf wahrscheinliche Entwicklungen im Gesundheitswesen zu erhalten.
Wie wird sich das Gesundheitssystem in großen Zügen bis 2035 verändern?
Die Expertinnen und Experten sind sich eigentlich einig, dass die Digitalisierung und KI das Gesundheitswesen umgestalten und den Verbrauchern mehr Kontrolle über ihre Gesundheit geben werden. - Digitale Gesundheit wird integraler Bestandteil der Gesundheitsversorgung werden, die Patienten stärken bzw. die Abhängigkeit von traditionellen Arztbesuchen verringern.
Erwartet wird, dass sich der Schwerpunkt des Gesundheitswesens von der "Krankenversorgung" zu einer echten "Gesundheitsversorgung" verlagert, indem man sich auf Prävention und Langlebigkeit konzentriert. Dabei werden KI-Gesundheitsassistenten – also auch AAL-Systeme wie Livy Care - eine entscheidende Rolle spielen, Menschen maßgeschneiderte Empfehlungen geben und die Abhängigkeit von traditionellen Arztbesuchen markant verringern. Wearables und häusliche Tests werden die erforderlichen Gesundheitsdaten in noch nie dagewesener Menge und Granularität liefern, die die präventive Pflege unterstützen.
Allerdings wird der Aufstieg dieser Technologien - die in der Regel von den Verbrauchern getragen werden und für Ungleichheiten sorgen - die Kosten weiter verschärfen.
Die Zukunft der Krankheiten wird von Umweltveränderungen, Globalisierung und veränderten Lebensgewohnheiten geprägt sein. Der Klimawandel und die zunehmende Reisetätigkeit werden dazu beitragen, dass vernachlässigte Tropenkrankheiten sich auf neue Regionen ausbreiten und die Gesundheitssysteme vor Herausforderungen stellen. Allergien und Autoimmunkrankheiten werden mit dem Auftreten neuer Allergene und Schadstoffe zunehmen.
Impfstoffe werden bei der Infektionsprävention weiterhin eine zentrale Rolle spielen, wobei der Schwerpunkt auf einer schnelleren und effizienteren Entwicklung liegt. Es wird entscheidend sein, ein Gleichgewicht zwischen wirksamer Prävention und der Aufrechterhaltung einer robusten Immunabwehr zu finden und sicherzustellen, dass die Strategien der Gesundheitsversorgung evidenzbasiert sind.
Die Arzneimittelforschung wird sich zunehmend auf KI, digitale Zwillinge und Automatisierung stützen, was die Entwicklungszeit verkürzt und personalisierte Medizin ermöglicht.
Die Hyperpersonalisierung wird ein zentrales Element der pharmazeutischen Angebote werden, mit Behandlungen, die auf spezifische genetische Profile zugeschnitten sind, insbesondere in Bereichen wie der Onkologie. Eine vollständige Personalisierung aller Medikamente wird jedoch finanziell nicht machbar sein.
Interessanterweise könnten im Ökosystem dieser Gesundheitsversorgung neue (digitale) Plattformen und internationale Player, Krankenversicherer sowie Apotheken in vielen Regionen aufgrund des Ärztemangels und ihrer Suche nach einem neuen Mehrwert die erste Anlaufstelle für die Gesundheitsversorgung werden.
Welche Rolle werden KI-Gesundheitsassistenten speilen?
Inskünftig werden KI-Gesundheitsassistenten eine entscheidende Rolle im Gesundheitswesen spielen, indem sie enorme Mengen an Gesundheitsdaten analysieren und personalisierte Empfehlungen geben, etwa für Raucherentwöhnung oder das Gewichtsmanagement. Sie ergänzen die traditionelle Gesundheitsversorgung, indem sie Fälle vorselektieren, die von Fachleuten untersucht werden sollten.
Pharma- und Medizintechnikunternehmen werden spezielle KI-Assistenten entwickeln, die bei Medikamentenmanagement und chronischen Erkrankungen helfen. Versicherer werden Anreize schaffen, um die Nutzung dieser Assistenten zu fördern und ihre Angebote besser anzupassen.
Experten erwarten, dass kein einzelner Anbieter dominieren wird, aufgrund von Marktdimensionen, Verbrauchervertrauen und technischen Herausforderungen. Stattdessen könnte ein persönlicher KI-Assistent verschiedene Gesundheitsanwendungen integrieren.
KI wird auch administrative Aufgaben in Kliniken rationalisieren, sodass das Gesundheitspersonal mehr Zeit für die Patientenversorgung hat. Sie wird als „Co-Pilot“ bei klinischen Entscheidungen fungieren, einschließlich der Bildanalyse.
In dieser neuen Rolle wird die Verantwortung des Arztes sich verändern: vom Hauptentscheider hin zu einem unterstützenden Coach und Mitarbeiter. Trotz KI-Assistenz bleibt die menschliche Betreuung weiterhin unersetzlich, insbesondere bei komplexen Gesundheitsfragen. Transparenz über den Einsatz von KI wird geschätzt, solange sie zu besseren Gesundheitsergebnissen führt.
Welche Herausforderungen könnten durch die neuen Technologien entstehen?
Der Gesundheitsmarkt wird zunehmend verbraucherorientierter, was Kosten für das Tracking, die Tests oder Wellness mit sich bringt, die überwiegend von den Verbrauchern getragen werden. Diese Verschiebung hin zu mehr Eigenverantwortung in den Gesundheitsausgaben wird in einkommensstarken Ländern als unvermeidlich angesehen und könnte finanzielle Ungleichheiten verschärfen.
Menschen mit geringem Einkommen könnten Schwierigkeiten haben, notwendige Behandlungen zu finanzieren, während technologische Innovationen vor allem den Besserverdienenden zugutekommen.
Sinkende Kosten für Gesundheitsdaten und kostenlose, personalisierte Empfehlungen von KI-Gesundheitsassistenten könnten diesen Trend jedoch umkehren. Digitale Zwillinge könnten in der Lage sein, die Auswirkungen bestimmter Maßnahmen und ihre Kosteneinsparungen vorherzusagen, was das Interesse von Versicherern und Regierungen wecken würde. Gleichzeitig werden die Kosten für innovative Behandlungen die Gesundheitsausgaben weiter erhöhen, was zu einer Kluft zwischen den Versorgungsfähigkeiten der Menschen führen könnte.
Politische und gesellschaftliche Diskussionen über die Finanzierung von Therapien werden notwendig, um die Gesundheitssysteme zu erhalten, jedoch wahrscheinlich nicht zu vollständiger Gerechtigkeit führen. Kosteneffizienz wird entscheidend sein, um Wellness-Produkte und digitale Lösungen zu skalieren, insbesondere im Rahmen öffentlicher Gesundheitsinitiativen mit begrenzten Budgets.
Welche Faktoren werden in die Zukunft der Krankheiten beeinflussen?
Die Covid-Pandemie hat gezeigt, wie schnell sich gesundheitliche Prioritäten ändern können. In den kommenden Jahren werden neue Erreger auftauchen, und die Wahrscheinlichkeit von Pandemien bleibt bestehen. Während einige Infektionskrankheiten kontrolliert werden können, werden neue Krankheitserreger (Treiber sind zum Beispiel der Klimawandel oder der globale Reiseverkehr) auch in wirtschaftlich starken Ländern zunehmen. Krankheiten wie Dengue und Zika könnten in Europa auftreten; die Überträger, wie Tigermücken, sind bereits vorhanden.
Experten betonen die Notwendigkeit, Impfstoffe gegen diese Bedrohungen zu entwickeln, da die wirtschaftliche Lebensfähigkeit ohne staatliche Unterstützung eine Herausforderung bleibt. Innovative Diagnoseinstrumente und verbesserte Überwachung sind entscheidend, um mit dem Anstieg der Tropenkrankheiten umzugehen. Die aktuelle Gesundheitsinfrastruktur ist in den meisten Ländern jedoch nicht wirklich auf diesen Anstieg vorbereitet.
Impfstoffe bleiben weiterhin der Maßstab für die Prävention von Infektionskrankheiten. Zukünftige Entwicklungen werden sich auf schnellere Impfstoffentwicklung und universelle Grippeimpfstoffe konzentrieren. Antivirale Medikamente sind noch nicht ausreichend entwickelt, und es fehlen Anreize für Pharmaunternehmen, Präventionsstrategien für weniger bedrohliche Krankheiten zu verfolgen. Die Herausforderung besteht darin, Menschen zur regelmäßigen Einnahme von Präventionsmedikamenten zu motivieren, was ohne institutionelle Unterstützung schwierig sein könnte.
Könnte ein Übermaß an Prävention im zukünftigen Gesundheitssystem negative Folgen für die öffentliche Gesundheit haben?
In einem zukünftigen Gesundheitssystem, das sich stärker auf Prävention konzentriert, könnten negative Folgen auftreten, wie die Zunahme antimikrobieller Resistenzen (AMR) durch den übermäßigen Einsatz von Antibiotika. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts wird dies (AMR) eine bedeutende Herausforderung darstellen, da multiresistente Mikroben die Wirksamkeit bestehender Antibiotika gefährden, was zu höheren Sterblichkeitsraten und Gesundheitskosten führen könnte.
Der Missbrauch von Antibiotika, sowohl im Gesundheitswesen als auch in der Landwirtschaft, trägt wesentlich zu diesem Problem bei.
Zusätzlich könnte die verstärkte Verwendung von Masken außerhalb von Pandemien die Exposition gegenüber Krankheitserregern verringern und das Immunsystem schwächen. Experten warnen vor einem "Zuviel an Prävention", das das Gleichgewicht zwischen Gesundheitsschutz und einer robusten Immunreaktion stören könnte.
Eine Studie des National Cancer Institute zeigt, dass tägliche Multivitamin-Einnahmen nicht nur keinen lebensverlängernden Effekt haben, sondern das Risiko eines frühen Todes erhöhen könnten. Dies verdeutlicht, wie wichtig evidenzbasierte Präventionsstrategien sind.
Der Fokus der Langlebigkeitsforschung sollte auf der Verlängerung der Gesundheitsspanne im Verhältnis zur Lebensspanne liegen, um die Morbidität zu verringern. Die Herausforderung besteht darin, die Ursachen des Alterns zu verstehen und zu behandeln, um die Auswirkungen altersbedingter Krankheiten zu minimieren.
Wie kann die Integration von Ki in das Gesungheitssystem zu einem nachhaltigeren Lebensstil führen?
Sie wird in alle Aspekte des Lebens integriert sein, einschliesslich Gesundheitsüberwachung und -management. Es wird zunehmend erkannt, dass das aktuelle Modell der Krankenversorgung, das sich auf die Behandlung von Symptomen statt auf die Ursachen von Gesundheitsproblemen konzentriert, nicht nachhaltig ist. Die steigenden Kosten für chronische Krankheiten und Medikamente sowie Anreize im Gesundheitssystem, die zu übermässigen Akutbehandlungen führen, sind auf eine Fehlanpassung der Interessen zurückzuführen. Viele Menschen haben ungesunde Lebensstile, was oft nicht als Teil des Gesundheitssystems wahrgenommen wird.
Studien zeigen, dass ein gesunder Lebensstil die Lebenserwartung erheblich verlängern kann. Dennoch zögern viele Menschen, gesündere Lebensweisen anzunehmen, nicht wegen fehlender Daten, sondern aufgrund der Schwierigkeiten, sich an Veränderungen zu halten. Der gesunde Lebensstil ist oft weniger angenehm und komfortabel.
Trotz dieser Herausforderungen gibt es einen Trend zur personalisierten Ernährung, die individuelle Bedürfnisse auf Basis von genetischen und mikrobiologischen Daten berücksichtigt. Unternehmen wie Viome entwickeln personalisierte Nahrungsergänzungsmittel, um Menschen zu helfen, ihre Gesundheitsziele zu erreichen, ohne ständig auf ihre Ernährung achten zu müssen.
Es gibt jedoch Bedenken, dass solche Lösungen die Notwendigkeit von Verhaltensänderungen verringern könnten, indem sie nur Symptome behandeln. Eine Kombination aus Lebensstiländerungen und medizinischen Interventionen wird als notwendig erachtet, um die Gesundheit und Langlebigkeit zu maximieren. Langfristig müssen jedoch bedeutende Hindernisse in Bezug auf menschliches Verhalten und systemische Trägheit überwunden werden, um diese Veränderungen zu akzeptieren und umzusetzen
Wie kann die Personalisierung von Gesundheitsstrategien die Gesundheitsspanne mit der Lebensspanne in Einklang bringen?
Präventive Gesundheitsmassnahmen werden personalisiert und datengesteuert sein, mit regelmässigen Selbstchecks und KI-gestützten Empfehlungen.
Die Begriffe „Lebensspanne“ und „Gesundheitsspanne“ haben unterschiedliche Bedeutungen: Lebensspanne bezeichnet das maximale Alter oder die Zeit, die ein Mensch lebt, während Gesundheitsspanne den Zeitraum beschreibt, in dem jemand gesund bleibt, ohne chronische Krankheiten oder Behinderungen.
Eine der grössten Herausforderungen in der Langlebigkeitswissenschaft ist die Notwendigkeit, die Gesundheitsspanne mit der Lebensspanne in Einklang zu bringen.
Eine reine Verlängerung der Lebensspanne ohne entsprechende Verbesserung der Gesundheitsspanne kann zu längeren Phasen der Morbidität führen, was als „Langlebigkeitsfalle“ bezeichnet wird. Experten betonen, dass der Fokus auf den Ursachen des Alterns liegen sollte, da das Altern als grösster Risikofaktor für viele chronische Krankheiten erkannt wird.
Mit der Zeit sammeln sich im Körper Schäden an, die schliesslich die körperlichen und geistigen Funktionen beeinträchtigen. Forscher wie Dr. Aubrey de Grey streben an, durch Verjüngungstherapien den Alterungsprozess von diesen Schäden zu entkoppeln und eine „Fluchtgeschwindigkeit der Langlebigkeit“ zu erreichen.
Wie wird sich die Ernährung in Bezug auf Gesundheit verändern?
Sie wird stärker personalisiert und wissenschaftlich fundiert sein, mit Fokus auf langfristige Gesundheitsvorsorge.
Die Entwicklungen in der Lebensmittel- und Landwirtschaftsindustrie haben erhebliche Auswirkungen auf die globale Gesundheit und die wirtschaftliche Struktur der Gesundheitsversorgung. Zwei zentrale Trends, Nachhaltigkeit und Ernährung, sind entscheidend für diesen Wandel und verdeutlichen den Zusammenhang zwischen Ernährung und chronischen Krankheiten. Studien zeigen, dass etwa 70-80 % der nicht übertragbaren Krankheiten, wie Diabetes und Herzkrankheiten, direkt mit der Ernährung zusammenhängen. Dies hebt die Bedeutung einer gesunden Ernährung als präventives Instrument hervor.
Gleichzeitig zeigen globale Ernährungstrends erhebliche Gesundheitsrisiken, die mit modernen landwirtschaftlichen Praktiken verbunden sind. Die Industrialisierung der Lebensmittelproduktion hat zu einem Anstieg des Konsums von raffinierten Kohlenhydraten und Zucker geführt, was zu Insulinresistenz und Stoffwechselstörungen beiträgt. Diese Entwicklungen erfordern dringend Reformen in der Lebensmittelproduktion und bei Ernährungsempfehlungen.
Die Umstellung auf regenerative Landwirtschaftsmodelle, die die biologische Vielfalt und Bodengesundheit fördern, wird als wesentlicher Schritt zur Bekämpfung von Umweltproblemen und zur Verbesserung des Nährwerts von Lebensmitteln angesehen. Eine transparente und nachhaltige Lieferkette ermöglicht es Verbrauchern, informierte Entscheidungen zu treffen, und gibt Aufsichtsbehörden mehr Kontrolle über die Lebensmittelindustrie.
Der Aufstieg pflanzlicher Alternativen und Präzisionsfermentierung reagiert auf die Verbraucherwünsche nach weniger tierischen Produkten und trägt zur Bekämpfung des Eiweißmangels sowie der Umweltauswirkungen der Viehzucht bei. Bald könnten pflanzliche Ersatzprodukte kaum noch von konventionellen Produkten zu unterscheiden sein, während kultiviertes Fleisch bereits in den nächsten fünf Jahren wettbewerbsfähig sein könnte. Die strategische Kommunikation der ökologischen und gesundheitlichen Vorteile wird entscheidend sein, um Bedenken der Verbraucher zu überwinden und den Marktanteil zu erhöhen.
Inwiefern beeinflusst die digitale Gesundheit die Patient-Arzt-Beziehung im Kontext der Consumerization?
Der Trend zur Consumerization* verändert die Gesundheitslandschaft grundlegend, indem Patienten zunehmend als aktive Verbraucher auftreten, die individuelle, leicht zugängliche und nahtlose Gesundheitsdienstleistungen fordern. Digitale Gesundheitstools ermöglichen es Patienten, Gesundheitsdaten zu interpretieren und daraus Erkenntnisse zu gewinnen, was den Zugang zu Informationen demokratisiert. Dies führt zu einem Modell, in dem Einzelpersonen ihre Gesundheit aktiv verwalten, unterstützt durch Smartphones und Gesundheits-Apps.
Der Arzt wird zunehmend zur sekundären Informationsquelle, während Patienten verstärkt Zweitmeinungen einholen und digitale Plattformen nutzen, um ihre Gesundheitsfragen zu klären. Die Erwartungen an sofortige und effektive Lösungen steigen, was die traditionelle Infrastruktur des Gesundheitswesens vor Herausforderungen stellt, insbesondere angesichts eines globalen Fachkräftemangels.
Zukünftige Verbraucher erwarten, dass jede Krankheit behandelbar ist, und sind weniger bereit, Lebensstiländerungen ohne Anreize zu akzeptieren. Die zunehmende Gesundheitskompetenz führt dazu, dass Verbraucher evidenzbasierte Informationen und Transparenz fordern. Gleichzeitig gewinnen Influencer an Einfluss, indem sie Gesundheitsinformationen verbreiten, was die Entscheidungen der Verbraucher stark beeinflusst. Diese Entwicklungen erfordern eine Anpassung der medizinischen Praktiken und eine effektive Integration neuer Technologien, um den steigenden Erwartungen gerecht zu werden.
*«Consumerization» bezeichnet den Trend, bei dem Verbraucher zunehmend die Kontrolle über ihre Entscheidungen und Erfahrungen in verschiedenen Bereichen, einschliesslich des Gesundheitswesens, übernehmen. Dies geschieht durch:
- Erwartungen an Individualisierung: Verbraucher verlangen massgeschneiderte Produkte und Dienstleistungen, die ihren persönlichen Bedürfnissen entsprechen.
- Zugang zu Informationen: Durch das Internet und digitale Tools haben Verbraucher Zugang zu umfangreichen Gesundheitsinformationen, was ihnen ermöglicht, fundierte Entscheidungen zu treffen.
- Selbstmanagement: Verbraucher übernehmen die Verantwortung für ihre eigene Gesundheit und nutzen Technologien, um ihre Gesundheitsdaten zu verfolgen und zu analysieren.
- Interaktive Dienstleistungen: Der Wunsch nach nahtlosen, effizienten und benutzerfreundlichen Erfahrungen führt zu einer Veränderung in der Bereitstellung von Dienstleistungen.
Insgesamt fördert die Consumerization also eine aktivere Rolle der Verbraucher im Gesundheitswesen, die von den traditionellen, passiven Modellen abweicht.
Herzlichen Dank für dieses Gespräch.